Drake. Spanische Armada.
123
Davison wurde ins Gefängniß geworfen und zu einer Strafe von 10,000 Pfund vernrtheilt, wodurch er um sein ganzes Vermögen kam. Dennoch war Jacob außer sich vor Kummer und Zorn und wollte durchaus mit den Waffen den Tod seiner Mutter rächen; nur mit Mühe gelang es Elisabeth, ihn nach und nach zu besänftigen.
Nun erst fing Elisabeth recht an zu leben, da sie der Furcht
vor Maria überhoben war. Ungestört konnte sie sich nun der Sorge für ihr Land überlassen, und wirklich hat sich auch seit jener Zeit England erst recht gehoben. Vorzüglich fing auch unter ihr
erst der englische Handel an zu blühen. Unter ihr lebten die
trefflichsten Seemänner Walther Raleigh (sprich Reli), Franz Drake (sprich Dräke) und Thomas Cavendish (sprich Cävendisch). Drake war der erste Engländer, der eine Reise um die Welt machte, d. H. der die Erde umschiffte. In drei Jahren hatte er die große Reise vollendet, und als er (1580), mit Reichthümern beladen, zurückkehrte, besuchte ihn Elisabeth, die seltenes Verdienst gern ehrte, auf seinem Schiffe, hielt dort ein Mittagsmahl und schlug ihn eigenhändig zum Ritter. Er ist als Verpflauzer des Tabaks und der Kartoffeln nach Europa besonders merkwürdig. — Cavendish, ein nicht weniger kühner Seemann, befuhr mit drei kleinen Schiffen das Südmeer und that den Spaniern unendlichen Abbruch. Er nahm ihnen 19 zum Theil reich beladene Schiffe ab und hielt, als er mit reicher Beute (1586) zurückkehrte, einen feierlichen Einzug die Themse hinauf. Seine Matrosen und Soldaten waren in Seide gekleidet, seine Segel von Damast, und seine Beute wurde für die reichste gehalten, die je nach England war gebracht worden. Den größten Dienst aber erwies Drake seiner Königin, als er die große Armada, welche Philipp von Spanien (1588) gegen England ausgerüstet hatte, zerstören half. Er war zwar nicht Oberbefehlshaber der englischen gegen die Armada ausgesandten Flotte, nahm aber thätigen Antheil an der Expedition.
Philipp von Spanien war aus mehreren Ursachen gegen Elisabeth aufgebracht und hatte beschlossen, eine Landung in England zu versuchen. Der Papst (Sixtus V.) hatte die ketzerische Königin dazu in den Bann gethan, weil „kein Ketzer ein Recht habe, über Rechtgläubige zu regieren," und dem Philipp England geschenkt — wenn er es nämlich erobern könnte. Dazu rüstete Philipp eine ungeheure Flotte aus, wie man früher noch nie eine gesehen hatte, ließ Schiffe von ungeheurer Größe bauen und nannte die Flotte die unüberwindliche Flotte oder Armada. Hoch-
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358
Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen.
Zeichen des nahen Todes. Um 9 Uhr Abends trat ein fortdauernder Husten mit starkem Röcheln ein, der das Athemholen immer mehr erschwerte, und am 17. August Morgens um 2 Uhr 20 Minuten stand die Maschine des außerordentlichen Geistes still. Sein Leben hatte über 74, seine Regierung über 46 Jahre gewährt. Sein Körper liegt in der Garnisonkirche zu Potsdam in demselben Gewölbe unter der Kanzel, wo auch sein Vater beigesetzt ist. Friedrichs Unterthanen betrauerten ihn wie einen Vater, und selbst die, welche im Leben seine Feinde gewesen waren, empfingen die Nachricht von seinem Tode mit Rührung. So der alte Fürst Kaunitz, der berühmte Minister der Maria Theresia: „Wann wird, sprach er, „ein solcher König das Diadem wieder zieren?"
Da Friedrich keine Kinder hinterließ, so folgte seines ältesten verstorbenen Bruders Sohn, Friedrich Wilhelm Ii., auf welchen wieder (1797) Friedrich Wilhelm Iii. gefolgt ist.
111. Entstehung des nordamerikanischen Freistaats.
Zu der Zeit, wo Cortez Mexico eroberte und Pizarro Peru einnahm, war der Theil von Nordamerika, der nun der Freistaat heißt, wo jetzt Hunderte von blühenden Städten liegen, und an 40 Millionen Menschen wohnen, noch ganz unbekannt und nur von Wilden bewohnt. Erst unter der Königin Elisabeth von England gründete (1585) der berühmte Seefahrer Walter Raleigh (sprich Reli) die erste Niederlassung auf jener Küste und nannte die Gegend Virginien. Aber die ersten Anbauer wurden theils ein Opfer der Beschwerden, theils von -den Wilden erschlagen, und der kleine Ueberrest ließ sich von Francis Drake wieder nach England übersetzen. Doch unternahmen einzelne Schiffe neue Reisen nach Nordamerika und trieben einen äußerst einträglichen Pelzhandel mit den Eingeborenen, während die Franzosen aus demselben Grunde nach Canada segelten und dort Niederlassungen gründeten. Aber die Ungewohnheit des Klimas und verheerende Seuchen rafften die meisten englischen Colonisten immer wieder weg, und zuletzt schickte man Diebe und Straßenräuber hin, die man in England nicht zum Tode verurtheilen wollte, wodurch die Sitten der Colonisten natürlich vergiftet wurden.
Zu jener Zeit aber bildete sich in England die Religionsgemeinschaft, welche noch jetzt dort die herrschende ist, die Hochkirche. Sie hatte viele Gebräuche des katholischen Gottesdienstes
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Extrahierte Ortsnamen: Garnisonkirche Potsdam Nordamerika England Nordamerika England England
Begebenheiten in den Jahren 1871 bis 1878.
477
Jahre 1878 in Paris veranstaltete Weltausstellung war eine der glänzendsten dieser großen Vereinigungen und zeigte das Wiederaufblühen Frankreichs.
England ist durch die Nothwendigkeit, seine Macht in den außereuropäischen Besitzungen aufrecht zu halten und seinen Welthandel zu schützen, mehrmals in Krieg verwickelt worden. Holland hatte 1872 seine Besitzungen an der Goldküste in Ober-Guinea an England abgetreten, dieses dagegen sein Protectorat in Sumatra an die Holländer. An beiden Stellen entstanden Kämpfe gegen eingeborene Nachbarfürften. Holland mußte dem Sultan von Atchin auf Sumatra den Krieg erklären, um seine Oberhoheit und den Colonialbesitz von Atchin zu behaupten; England wurde 1873 von dem König der Aschanti auf der Goldküste angegriffen. General Wolseley drang 1874 energisch vor, besetzte und zerstörte die Hauptstadt der Aschanti und nöthigte den König zum Frieden. England hat darauf an Stelle des bisherigen Protectorates eine Goldküsten-Colonie gegründet. 1878 und 1879 hatte England in Südafrika einen beschwerlichen Krieg gegen die Zulnkaffern zu führen, der mit der Gefangennehmnng ihres Königs Eettewayo endigte. Weit wichtiger aber, als diese entfernten Kämpfe war die Stellung, welche England im russisch-türkischen Kriege einnahm. Die Regierung glaubte, daß die Türkei durch die Pläne Rußlands bedroht sei und sie war entschlossen, die Unabhängigkeit und Integrität des türkischen Reiches aufrecht zu erhalten. Alle von diesem Standpuncte aus geführten Verhandlungen ergaben einen bedrohlichen Gegensatz gegen Rußland; darum wurde während des Krieges eine englische Flotte in die türkischen Gewässer entsandt. Das finstere Wetter eines Kampfes zwischen England und Rußland zog sich immer näher zusammen, als am Ende des Krieges die russischen Heere auf Constanünopel vormarschirten und drohten, einen Theil der Truppen in Constanünopel einrücken zu lassen. Sofort segelte die englische Flotte in die Dardanellen ein und England erhob sich in so energischen .Kriegsrüstungen, daß selbst aus dem fernen Indien Truppen in das Mittelmeer herbeigerufen wurden. Rußland vermied den Zusammenstoß; es willigte nach längerem Zaudern endlich doch in den Berliner Frieden. England aber ließ sich trotz seiner Erklärungen von der unverletzbaren Integrität der Türkei nicht abhalten, einen ansehnlichen Preis für seine Bemühungen davon zu tragen. Es schloß im Juni 1878, noch vor dem Congreß, ein geheimes
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50
Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
schlossen. Dann traten auch Hessen und Spanien dem Frieden bei. Das geschah 1795. Es blieben also noch Rußland und Oestreich, England und ein Theil von Deutschland auf dem Kriegsschauplätze. Rußland konnte oder wollte aber wegen großer Entfernung nicht viel thun, und Oestreich focht am Rhein und in Italien mit abwechselndem Glücke. Dagegen war England zur See überall siegreich und nahm den Franzosen eine Colonie nach
der andern weg.
Einen Hauptverlust hatten die Franzosen schon 1792 erlitten,-nämlich die Insel San-Domingo. Bekanntlich war diese Insel unter die Franzosen und Spanier getheilt. Sie ist überaus fruchtbar und brachte im Jahre 1774 den Franzosen für fast 24 Millionen Thaler an Zucker, Kaffee, Indigo, Baumwolle und andern Waaren ein. Alle Plantagen aber, obgleich sie den Weißen gehörten, wurden von schwarzen Sklaven bearbeitet und diese arme Menschen mit empörender Härte behandelt. Als die Nachricht von der französischen Revolution dorthin kam, dachten die Mulatten (dunkelfarbige Menschen, deren Väter Weiße und deren Mütter Negerinnen sind), die bis dahin zwar keine Sklaven gewesen waren, aber doch keine bürgerlichen Rechte gehabt hatten, nun sei eine Gelegenheit da, die Lehre von Freiheit und Gleichheit gegen die Weißen durchzusetzen. Sie schloßen sich an die Negersklaven an, unterrichteten sie in der neuen Lehre von den allgemeinen Menschenrechten und machten Miene, gegen die Weißen aufzustehen. Anfangs unterstützte auch die unkluge Nationalversammlung die Ansprüche der farbigen Menschen, hob aber bald die gegebene Erlaubniß, an den Volksversammlungen Theil zu nehmen, auf. Da empörten sich die wilden Sklavenhorden, zerbrachen überall ihre Fesseln, fielen über ihre Herren her, ermordeten alle Weißen, die sie fanden, und übten, von Rachedurst getrieben, die unmenschlichsten Grausamkeiten aus. Das geschah 1792. Zwar versuchten die Franzosen mehrmals, die Insel wieder zu erobern; aber vergebens. Die Neger schlugen die Angriffe tapfer zurück; unter ihren Anführern zeichnete sich bald der talentvolle Neger Toussaint Louverture aus, welchen das französische Directorium 1797 zum Obergeneral von San-Domingo ernannte. Als er aber strebte, sich unabhängig zu machen, schickte Bonaparte 1801 ein Heer nach San-Domingo. Toussaint mußte sich unterwerfen, wurde nach Frankreich gebracht und starb hier 1803 im Gefängnisse an Gift. Darauf erklärten die Neger den schrecklichen Desallines zum Stadthalter; er be-
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300
Neueste Geschichte. 3. Periode.
wollenden Wesens. Sein Andenken wird aus dieser tragischen Nebenpartie der Zeitgeschichte immer rein hervorstrahlen.
Nach dem unglücklichen Ende des Kaiserthumes fiel die Republik Mexico bald in die früheren Zustände zurück. Juarez behauptete sich bis zu seinem Tode, 1872, als Präsident in der wiedergewonnenen Hauptstadt, aber die Ausstände, die nicht selten in bloße Raub- und Plünderungszüge ausarteten, dauerten in den Provinzen fort.
Wir schließen diesen Abschnitt mit einem Blick auf die Insel Haiti (siehe Abschnitt 116). Es bestanden auf dieser zwar nicht größten, aber blühendsten Insel Westindiens bis zur Revolution zwei Colonien: eine größere französische, eine kleinere spanische. Aus beiden bildeten sich, wie oben erwähnt ist, Republiken; dort Haiti, hier St. Domingo. Unter der Herrschaft des Negers Christoph (Heinrich I.) war Haiti ein Königreich. Darauf vereinigte Pethion, Präsident von Domingo, und nach ihm Boper beide Staaten. 1844 trennte sich die Republik St. Domingo wieder von Haiti, wo sich ein noch als Sklave geborener Neger, Son-louque, zum Präsidenten emporschwang und darauf als Faustin I. sich zum Kaiser krönen ließ. Das Ceremoniel bei dieser Krönung, sowie die Eiquette dieses Kaiserhofes waren Nachäffungen solcher Dinge am Hofe Napoleon I. Soulouque umgab sich mit einem Hofstaat aus neuernannten Fürsten, Herzogen, Grafen, Baronen und Rittern, denen er seltsame Namen gab. Da waren Herzoge von Marmelade, von Limonade, von gefrorenen Bonbons, Grafen
vom Diamanten, von der Spritze u. s. w. Dieser thörichte Pomp,
die Verschwendung, wie die, Habgier des Negerkaisers, die Kosten des Heeres, welches er hielt, häuften eine große Schuldenlast auf das Land, und die despotische Weise seiner Regierung machten
Fanstin-Sonlouque verhaßt. Es brach im December 1858 ein Aufstand gegen ihn aus, der ihn zwang, das Land zu verlassen. Die Republick wurde wieder hergestellt, aber auch hier ließen die immer wiederkehrenden Aufstände den Staat nicht zu Festigkeit und Gedeihen kommen. — Die Republik St. Domingo machte 1861 den Versuch, unter die Herrschaft Spaniens zurückzukehren. Allein die spanische Regierung konnte den wiedererlangten Besitz nicht
behaupten; sie gab 1865 Domingo wieder auf; die Republik wurde hergestellt.
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298 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
um Afrika herum fahren zu wollen, fiel keinem ein, theils weil man nicht wußte, wie weit sich dieser Erdtheil nach Süden erstreckte, theils weil alle Welt glaubte, man könne wegen der fürchterlichen Hitze gar nicht über die Linie fahren, ohne zu verbrennen. Bei diesem Glauben beruhigte man sich, und so mußten also die indischen Waaren auf einem andern Wege zu uns gebracht werden. Aber die europäischen Kaufleute reisten nicht selbst hin; denn die Mnhamedaner, besonders die Araber hatten alle Länder die dazwischen lagen, Aegypten, Arabien, Persien n. s. w. inne und ließen die Europäer nicht leicht durch, um nicht' die Vortheile des Handels zu verlieren. So war also der indische Handel größten-theils in den Händen der Araber, die nach Indien fuhren, die Waaren auf ihre Schiffe luden und nach der Ostküste Aegyptens führten. Hier packten sie dieselben aus, und brachten sie auf Ka-meelen nach Alexandrien. Nach dieser Stadt aber kamen die Ve-netianer, Genueser, Pisaner und andere italienische Kaufleute, holten die köstlichen Waaren ab und verführten sie nach Europa.
Zu Anfange des 15. Jahrhunderts (zu der Zeit Karls Vi. und der Jfabeau) lebte in Portugal König Johann I., dessen dritter Sohn, Dom Henriqne oder Heinrich, wegen seiner ausgezeichneten Liebe zur Schiffahrt und zu Entdeckungen nachher Heinrich der Seefahrer genannt worden ist. Dieser Prinz hatte eine große Sehnsucht, die südlich liegenden Länder kennen zu lernen; denn über Fez-und Marokko hinaus kannte man von Afrikas Westküste nichts. Einmal schickte er einen erfahrenen Seemann, Perestrello, mit einem Schiffe aus, welches an dieser Küste hinsegeln sollte, um zu sehen, wie weit man da wohl kommen könnte. Aber ein Sturm warf es nach einer Insel, die man noch nicht gekannt hatte und Porto Santo nannte. Das war 1418. Von hier sahen die Schiffer südlich am Horizont eine graue Wolke; da sie immer auf einem Flecke blieb, bemerkten sie, daß es etwas Anderes sein müßte. Sie schifften darauf zu und entdeckten — die Insel Madeira. Sie war ganz und gar mit Wald bedeckt. Um sreies Land zu bekommen, zündeten sie den Wald an, konnten aber den Brand nicht wieder löschen, und nun brannte es sieben ganzer Jahre lang, bis die ganze Insel kahl war. Das war freilich sehr schade; aber dafür war nun auch der Boden so trefflich mit Asche gedüngt, daß die Weinreben, die sie anpflanzten, über die Maßen schön gediehen. Noch jetzt ist der Madeira ein sehr geschätzter Wein.
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Entdeckungen.
299
Nicht lange darauf (1432) wurden die azorischen Inseln entdeckt; sie erhielten, da sie menschenleer waren 1449 die ersten Einwohner, und 1466 wurde eine niederländische Colonie hier gegründet Auch erhielt Heinrich Nachricht von den canarischen Inseln, die schon lange entdeckt, aber noch nicht benutzt worden waren, und schickte einige Schiffe ab, sie zu erobern (1456). Das gelang auch. Man fand da wilde Menschen, die sich in Thierhäute kleideten, kein Eisen kannten und nicht einmal Brot zu backen verstanden. Die armen Leute wurden, ehe sie es sich versahen, überfallen und die meisten todtgeschlagen. Nur die, welche sich taufen ließen, ließ man am Leben.
Wie freute sich Dom Heinrich über diese schönen Entdeckungen! Sie machten seine Hoffnung, daß da noch Vieles zu entdecken wäre, immer lebhafter. Seine Schiffe mußten nun immer weiter längs der Küste hinunterfahren, entdeckten den Fluß Senegal und umfuhren das grüne Vorgebirge. Wo man landete, fand man ent-• weder starre Sandwüsten oder wilde Einwohner, die mit den Portugiesen nichts zu thun haben wollten. Man fuhr weiter, entdeckte Guinea und passirte endlich gar die Linie, ohne zu verbrennen. Zwar war es sehr heiß, aber die Hitze war doch auszuhalten, und warum sollte man also nun nicht weiter fahren können? Afrika mußte doch irgendwo ein Ende haben. Neue Schiffe wurden ausgesandt und entdeckten das Reich Eongo, dessen König schon in freundliche Verbindung mit den Portugiesen trat.
Ueber diesen Entdeckungen waren viele Jahre vergangen; der thätige Dom Heinrich war indessen (1463) gestorben, und nach ihm wurden die Entdeckungsreisen eine Zeitlang nicht mehr mit solcher Thätigkeit betrieben. Nachdem aber Johann Ii. König von Portugal geworden war, rüstete dieser eine Flotte aus, um zu sehen, wo denn die südlichste Spitze von Afrika sei, und ob man nicht um diese herum bis nach Indien kommen könnte. Das Geschwader führte der unternehmende Bartolomeo Diaz. Unterwegs hatte er fürchterliche Stürme auszustehen, und noch ärgerlicher waren ihm die Meutereien unter seiner Schiffsmannschaft. Diesen Leuten, die noch nicht so lange auf dem offenen Meere herumgeschifft waren, wurde bange; sie verlangten durchaus zurückgeführt zu werden, da sie schon seit mehreren Tagen kein Land mehr sahen; denn Diaz war, ohne es zu wissen, schon über die Südspitze von Afrika hinaus. Alle Vorstellungen halfen bei dem unklugen Schiffsvolke nichts; er mußte umkehren. Aber das war ihm zum Heil; denn er fand auf die-
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300
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
fern Wege — die gesuchte Südspitze, die er, wegen der ausgestandenen Stürme, das stürmische Vorgebirge nannte. Als er aber zurückgekehrt war und dem Könige Bericht abstattete, rief dieser aus: Nein! es soll das Vorgebirge der guten Hoffnung heißen; denn nun ist Hoffnung da, auch den Weg nach Indien zu finden." Dies geschah 1486.
Der gläubige König hatte Recht. Die Hoffnung war nicht nur da, sondern sie wurde auch erfüllt, aber erst, nachdem eine andere, noch weit wichtigere Entdeckung gemacht worden war. Das war die von einem ganz neuen Erdtheile, von Amerika. Doch ehe wir diese erzählen, mag auch erwähnt werden, daß auch eilt Deutscher sich zu jener Zeit als Seefahrer und Reisebeschreiber berühmt gemacht hat, Martin Behaim aus Nürnberg. Da er ein berühmter und oft erwähnter Mann ist, so mögen hier einige Nachrichten von ihm stehen.
Martin Behaim war eines geachtelten Rathsherrn in Nürnberg Sohn und lernte in den Jünglingsjahren die Handlung. Nachdem er eine Zeitlang in Salzburg gelernt hatte, ging er nach Venedig, dann nach Mecheln in den Niederlanden, trieb hier Tuchhandel und bereiste mehrmals die Messe in Frankfurt ant Main. Dabei war er ein thätiger, wißbegieriger Kopf und lernte auch Mathematik, die ihm nachher gar sehr zu statten kam. In Mecheln und besonders in Antwerpen, wohin er auch oft reisen mußte, wurde er mit mehreren Leuten bekannt, die auf den azorischen Inseln wohnten; denn auf diesen Inseln hatten sich viele Lente aus Flandern niedergelassen. Er hörte von ihnen erzählen, wie es dort ganz anders als im Norden sei, und wie thätig der König von Portugal Schiffe auf Entdeckungen aussende. Da erwachte in ihm, der schon immer ein Freund von Reisen gewesen war, eine solche Reiselust, daß er mit ihnen nach Portugal ging. Seine Kenntnisse empfahlen ihn hier dem Könige Johann Ii., und dieser schickte ihn und noch einen portugiesischen Seemann längs der afrikanischen Westküste auf Entdeckungen aus. Wie wunderte sich Behaim, als er endlich so weit kam, daß zu Mittage sein Schatten nach Süden fiel, statt bei uns nach Norden! Er war nämlich schon über den Aequator gesegelt , und brachte nach einer mehr als zweijährigen Abwesenheit wichtige Nachrichten über jene heißen Länder und Meere nach Portugal zurück. Das geschah kurz vor der Absendung des Bartolo-meo Diaz zur Entdeckung der Südspitze von Afrika. Der König Johann war mit den Entdeckungen des geschickten Behaim so zu-
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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
in gut zu gedenken, nachdem Er von hüten wieder heim wendet, zu seinem Gemahl, das dann ob 700 mail von hinnen ist; da er hauß hält, und sein Tag in seiner Insel zu beschlissen, da er daheimen ist."
Nachher kehrte er nach Fayal zurück, hatte aber noch das Unglück, zwei Mal von Seeräubern gefangen zu werden, und mußte sich mit schwerem Gelde loskaufen. Endlich starb er, 76 Jahre alt, in Lissabon, wo er auch begraben liegt. Einige haben ihn über Colombo setzen wollen und behauptet, dieser habe aus Be-haims Karte erfahren, daß nach Westen zu ein unbekanntes Land
liegen müsse; aber das ist falsch. Behaim hat von Amerika nicht
eher etwas gewußt, bis Colombo es entdeckt hatte. Gekannt haben sich beide wackere Männer höchst wahrscheinlich.
Nun zur Entdeckung von Amerika. Christoph Colombo — wir pflegen ihn Colnmbns zu nennen — war in Colognetto bei Genua geboren (1446 oder 1447). Sein Vater war ein Tuchweber. Seine Erziehung war, wie sie bei solcher Herkunft sein konnte: er lernte lesen, schreiben, rechnen und kratzte Wolle, bis er als 14jähriger Bursche zu Schiffe ging. Dreiundzwanzig Jahre laug hat er mit wenig Unterbrechungen auf dem Meere zugebracht. Je entfernter das Land war, wohin das Schiff
ging, desto lieber war es ihm; und um nur sagen zu können,
daß er weiter gewesen als andere Seefahrer, fegelte er einmal von Island aus noch 100 Meilen weiter nach Norden tief ins Eismeer hinein. Nirgends wurden damals geschickte Seefahrer so geschätzt wie in Portugal. Dorthin ging er daher und ließ sich in Lissabon nieder, Hier blieb er nicht lange verborgen. Er machte mehrere Reisen auf portugiesischen Schiffen nach den neuentdeckten Ländern in Afrika mit, und erwarb sich dadurch und durch Kartenzeichnen so viel, daß er seine dürftigen Aettern im Alter unterstützen und seine jüngern Md er gut erziehen lassen konnte. Endlich heirathete er die Enkelin des Entdeckers der Insel Porto Santo, Pereftrello, und war nun ein angesehener Mann. Sein Groß-Schwiegervater hatte eine schöne Sammlnng von Karten, Tagebüchern und andern Schriften hinterlassen; darüber'saß nun Colombo jede müßige Stunde, und je mehr er las, verglich und nachdachte, desto fester wurde in feiner Seele die Ueberzeugung, daß man aus einem andern Wege, als um Afrika herum, noch sicherer nach Indien — so nannte man damals das ganze südliche und östliche Asien — gelangen müßte. „Kein Mensch," so dachte er, „weiß,
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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
zu stoßen. Seine Worte machten solchen Eindruck, daß sie sich willig erklärte, die Unternehmung zu wagen. „Nur fehlt es mir," sagte sie, „jetzt an Gelde; aber hier sind meine Kronjuwelen, die will ich verpfänden." Santangelo benutzte diese Stimmung, schoß geschwind das nöthige Geld vor und schickte dem Colombo einen Eilboten nach. Glücklich wurde er noch eingeholt, ehe er die Küste erreicht hatte, kehrte gleich um und war nun taumelnd vor Freude, daß er endlich sein Ziel vor Augen,scch. So schwer wurde es ihm gemacht, die Erlaubniß zur Entdeckung eines Welttheils zu erhalten! Darauf wurde ein förmlicher Vertrag mit ihm abgeschlossen : er erhielt für sich und seine Nachkommen die Würde eines Admirals und Viceköuigs in den zu entdeckenden Ländern; er sollte den zehnten Theil von allem Gewinn haben, der aus den Waaren und Früchten dieser Länder gezogen würde, und den achten Theil von dem Handelsgewinne mit denselben; dasür aber mußte er auch den achten Theil zu den Kosten beitragen. Nun wurden geschwind drei kleine und gebrechliche Schiffe ausgerüstet, 120 Mann dazu angeworben, und einige tüchtige Seefahrer, die Gebrüder Pinzon, versprachen, die Unternehmung zu unterstützen und mitzufahren. Die Nacht vor der Abfahrt brachten Colombo und die Schiffsmannschaft mit religiösen Andachtsübungen zu; noch einmal umarmte er seine beiden Söhne, schüttelte föm braven Abte dankbar die Hand und schiffte sich ein. Nun — Glück auf den Weg!
Am 3. August 1492 — es war ein Freitag — spannte mit. Tagesanbrüche die kleine Flotte die Segel auf und fuhr aus dem Hafen von Pa los (nicht weit von Cadiz) ins offene Meer hinein. Schon am vierten Tage brach das eine Steuerruder; „eine schlimme Vorbedeutung!" seufzten viele, Colombo aber ermuthigte sie mit den Worten: „Ein zerbrochenes Steuerruder bedeutet nichts weiter, als daß man es wieder herstellen muß." Auf der einen canarischen Insel mußte er einen Monat verweilen, um die Schiffe ausbessern zu lassen, und doch wagte sich der kühne Mann mit solchen zerbrechlichen Schiffen in ein weites Meer, dessen Grenzen niemand kannte. Als die Seeleute das letzte Land aus den Augen verloren, wurde ihnen ganz bange; ja, manche weinten vor Angst und hätten viel gegeben, wenn sie nur wieder hätten umkehren dürfen; denn nichts sahen sie um sich als Wasser und über sich den Himmel, und sie verzweifelten, jemals wieder Land zu sehen. Pfeilschnell flog das Schiff dahin. Ein unablässiger Ostwind blies
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